Die lateinische Übersetzung «festina lente!» war, gemäss Sueton ein Lieblingsausspruch des römischen
Kaisers Augustus. Der Wahlspruch des Augustus
wurde durch einen Kreis und einen Anker, um den
sich ein Delphin windet, bildlich wiedergegeben. Der
Humanist Erasmus von Rotterdam erklärt das 1508 in
seiner Sprichwörtersammlung Adagia so:
«Der Kreis bedeutet die ewige Zeit, weil er durch
kein Ende beschlossen wird; der Anker bedeutet
die Langsamkeit, weil er das Schiff verzögert
und anhält. Der Delphin drückt die Schnelligkeit
aus, weil kein anderes Tier im Angriff gefährlicher und schneller ist als dieses. Wenn man
diese kundig zusammenfügt, ergeben sie den
Spruch «semper festina lente» – und diese Art
der Schrift hat nicht nur eine hohe Würdigkeit,
sondern bietet auch nicht geringen Genuss,
wenn man nur die Eigenschaft der Dinge völlig
durchschaut.»
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Die Schiffshalter sind eine
Familie der Stachelmakrelenverwandten. Es sind
schlanke Fische, die sich
mit Hilfe einer Saugplatte,
die sich aus der ersten Rü-
ckenflosse gebildet hat, an
grössere Fische z. B. Haie
oder Meeressäuger anheften, um sich so mitnehmen
zu lassen; gelegentlich
versuchen sie auch, sich an
Tauchern festzusaugen.
Weiter führt Erasmus aus:
«Um Trägheit und Zaudern auszudrücken, wäre
ein anderer Fisch recht gut geeignet gewesen,
der sogenannte Schiffhalter, den die Lateiner
remora, Verzögerer, nennen. Doch weil sein Aussehen wenig einprägsam ist – er ist klein und
besitzt kein einziges auffälliges Merkmal –, hat
man den Anker als Symbol vorgezogen. Denn
wenn die Fahrt bei überaus günstigen Winden
gefährlich wird, hemmt er das Schiff in seinem
schnellen Lauf und bindet es fest.
Damit habe ich gezeigt, daß der Spruch Eile mit
Weile in den verborgenen Tiefen uralter Weis-
heit seinen Ursprung hat, daß er dann von den
beiden preiswürdigsten Kaisern übernommen
wurde und dem einen als Devise, dem anderen
als Emblem diente und dem Charakter und
Wesen des einen wie des anderen in erstaunlichem Masse entsprach.
Dieses Erbe hat jetzt als dritter der Römer Aldus
Manutius angetreten, nicht, dessen bin ich
gewiss, ohne Wunsch, ohne Willen der Götter.»
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